[Tustep-Liste] Bibliotheksverwaltung mit TUSTEP
Christian Griesinger
ChristianGriesinger at gmx.de
Mi Nov 30 15:01:46 CET 2016
Lieber Herr Hoffert,
das Thema finde ich sehr spannend und es würde mich sehr interessieren, wenn in Weingarten darüber eingehender diskutiert werden kann.
Vor längerem hatte ich auch einmal überlegt, eine Literaturverwaltung in TUSTEP zu implementieren. Am Ende verwarf ich den Gedanken, weil es einige Faktoren gibt, die gegen eine selbstgemachte TUSTEP-Lösung - oder, besser gesagt, für eine andere Software - sprechen. In ihrem Fall, wo es nicht nur um eine einfache Literatur- sondern gar um eine Bibliotheksverwaltung geht, dürften die Übelegungen sogar noch mehr greifen:
1. Wahl des Datenformats:
Bevor entschieden werden kann, welche Software für Ihre Zwecke am Geeignetsten ist, sollte man sich Gedanken über die Grössenordnung und vor allem die Struktur der Daten machen, die erfasst werden sollen. Es gibt eine ganze Reihe von Formaten, mit denen zur Zeit bibliographische Einheiten erfasst bzw. ausgetauscht werden: z.B. Dublin Core - oder aus dem Bibliothekswesen: MARC, MAB, MODS - aus der Latex-Welt: BibTex - aus der XML-Welt: METS oder die entsprechenden Elemente aus den TEI-Richtlinien. Alle diese Formate sind weit verbreitet, haben ihre Spezialisierungen bzw. Einsatzfelder und dementsprechend existiert auch Software, die mit diesen Daten eine Literatur- bzw. Bibliotheksverwaltung umsetzen kann. Damit hängen bereits einige Fragen zusammen:
a) Welche/s dieser Formate wollen Sie einsetzen? Wenn Sie keines der genannten einsetzen, haben Sie bereits einen Standard oder wollen Sie einen eigenen entwickeln? In diesem Falle würde mich sehr interessieren, warum ein neuer Standard nötig ist.
b) Wie umfangreich sind die Bestände Ihrer Bibliothek: Reden wir von mehreren 100/1000/10.000/100.000 Einheiten oder von noch größeren Beständen? Im letzteren Fall: Haben Sie daran gedacht, die OPAC-Software einzusetzen?
c) Je komplexer die Daten sind, d.h. je mehr unterschiedliche Daten ein Datensatz enthält um so eher empfiehlt sich der Einsatz einer Datenbanklösung (zunächst einmal unabhängig davon, ob man eine relationale Datenbank, eine XML-DB oder eine andere Form von Datenbank einsetzt).
2. Datenverwaltung:
Je größer die Datenmenge ist, d.h. je mehr Datensätze Sie haben, die miteinander in Beziehung stehen, umso wichtiger sind folgende Fragen:
a) Kann meine Software garantieren, dass die Daten konsistent bleiben? D.h. wenn ich einen Datensatz bearbeite oder lösche, dass alle mit diesem zusammenhängenden Datensätze ebenfalls angepasst bzw. gelöscht werden? Sicher kann man versuchen, so etwas mit TUSTEP zu implementieren, aber ist das notwendig? Relationale Datenbanken beispielsweise bieten mit Fremdschlüsseln und Fremdschlüsselbeschränkungen genau solche Mittel, ohne dass man viel Programmieraufwand hineinstecken muss.
b) Kann meine Software garantieren, dass nicht mehrere Benutzer gleichzeitig die gleichen Datensätze bearbeiten? Natürlich kann man mit TUSTEP Dateien auf Servern vor multiplem Schreibzugriff bewahren, aber kann man auch nur bestimmte Datensätze innerhalb einer Datei sperren und wie werden mehrere gleichzeitige Zugriffe verwaltet?
3. Dauer der Entwicklung/Zukunftsfähigkeit
Eine Bibliotheksverwaltungssoftware ist ein hochgradig komplexes Programm, das mehrere Monate bis hin zu mehreren Jahren Entwicklungszeit beanspruchen kann und nicht nur einen, sondern ein ganzes Team von Entwicklern benötigt, um sicherzugehen, dass die Daten nicht irgendwann inkonsistent werden oder Programmierfehler evt. sogar Daten zerstören. Ebenso stellt sich die Frage nach der dauerhaften Benutzbarkeit des Programms und besonders nach der Langzeitarchivierung der Daten. Alles das ist natürlich auch eine Frage der Kosten. Wie viele Entwickler haben Sie denn für ihr Projekt zur Verfügung?
Diese zunächst noch recht oberflächlichen Überlegungen sprechen tendenziell gegen eine Neu-Implementierung, es sei denn, dass keine der bestehenden Möglichkeiten das bietet, was man braucht. Ich persönlich würde, wenn es nur irgendwie möglich ist, auf eine in anderen Bibliotheken bewährte Software wie etwa den OPAC zurückgreifen, oder wenn es eine selbst programmierte Lösung sein muss, auf jeden Fall den Einsatz einer Datenbanksoftware empfehlen. Prinzipiell scheint es mir zwar schon möglich, diese Aufgabe mit TUSTEP umzusetzen, aber vielleicht sind andere Werkzeuge hierfür besser geeignet.
Viele Grüsse
Christian Griesinger
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