[Tustep-Liste] OpenType-Unterstuetzung
Oliver. C. Gasperlin
gasperlin at gasperlin.de
Do Okt 5 01:22:18 CEST 2006
Lieber Giorgio, liebe Tustepler,
ich möchte nachdrücklich zustimmen, dass eine Open-Type- (und
Unicode-)Unterstützung - schon wegen der Zeichen-Integrations-Spanne -
für die Zukunft wünschenswert ist.
Doch stellen sich mir doch einige Fragen hinsichtlich der zu erwartenden
Vorteile: liest man die auf Adobe.com gepriesenen Funktionserweiterungen
einmal durch, dann scheint das meiste in TUSTEP schon längst machbar,
was dort als wundersame Neuerungen des OT-Formats gepriesen wird
(Positionieren und Ersetzen von Glyphen, Verfügbarkeit fliegender
Akzente etc.). Zudem konnte ich nirgends erkennen, dass die
Modifikations-Möglichkeiten (Detailpositionierung, Größenänderung) durch
die erweiterte Verfügbarkeit solcher (fliegender) Zeichen und Glyphen
schon zunehmen würden. Ich bezweifle, dass man in den wenigen
Anwendungen, welche überhaupt die erweiterten OT-Möglichkeiten
unterstützen (wie InDesign), größeren Einfluss auf die Positionierung
und Gestalt der übergesetzten Zeichen und Diakritika hat als in TUSTEP
(eine befreundete Typografin jedenfalls zeigte sich neulich überrascht,
was ich in dieser Hinsicht in Tustep anstellen konnte). Ein Blick in die
Schrift-Entwickler-Seiten bei Adobe lassen zudem ahnen, dass trotz
OT-Format verschiedene Positionierungen der floating accents (z. B. über
Versalien) im Rahmen der im Shop erwerbbaren Schriften gar nicht erst
vorgesehen sind:
"When creating the floating accents, it is Adobe's practice to only
create them with the accents positioned for lowercase characters. If
accents for uppercase glyphs were needed, these would need to be added
to the character set."
Vorläufig bleibt für mich das bescheidene Fazit, dass ich mit einer
Erweiterung der Modifikationsmöglichkeiten von über- und untergesetzten
Zeichen schon einmal sehr zufrieden wäre. Die Öffnung zu OT und Unicode
ist sicher ein größerer Schritt, der dennoch nicht ad acta gelegt werden
sollte.
Mit besten Grüßen
Oliver Gasperlin
Giorgio Giacomazzi schrieb:
> Diskussionsforum Tustep-Liste
> Weitere Informationen: www.itug.de
> ------------------------------------------------------------
>
> Lieber Herr Trauth,
>
> Herr Derkits kann nur OpenType-Fonts meinen - jedenfalls meinte ich
> sie. OpenType-Fonts sind nach Adobe der erklärte Nachfolger von
> Type1-Fonts für professionellen Satz; sie lösen unauffällig die
> gleichnamigen Type1-Fonts z.B. als "Adobe Garamond Pro"; eine
> "Monotype Garamond" als OpenType-Font finden Sie auf jedem
> Windows-Rechner seit 2000 und ein weiterer Blick hinter die Fontnamen
> beim FontShops zeigt deutlich die Tendenz. Für diese Entwicklung ist
> gerade die bessere Unterstützung mehrsprachiger Texte in
> OpenType-Fonts wichtig. - Unicode ist allerdings kein Font, sondern
> ein Zeichensatz. Unicode garantiert bei keinem Font, auch bei
> OpenType-Fonts weder die Quantität noch die Qualität der darin
> implementierten Fontzeichen. Um diese geht es aber hier:
> Zeichenkombinationen, die tustep aufgrund der gängigen Type1-Fonts
> generiert, sind bei den ungüngstigen Ausgangsbedingungen, die Sie
> geschildert haben, unbefriedigend; die Akzente kleben am
> Großbuchstaben. In solchen Fällen ist fast jeder Font der von #satz
> generierten Kombination überlegen. Lieber als ein weiterer Schalter im
> Satzprogramm, der den Abstand zum Buchstabe eventuell erhöht, fände
> ich die grundsätzliche Eröffnung des Zugangs zu den professionellen
> OpenType-Fonts in tustep. Dazu genügt vermutlich ein neuer
> Standardmakros analog zu "psfont", ein "otfont".
>
> Eine andere Problematik, auf die ich vor einiger Zeit hingewiesen
> hatte, spricht für OpenType-Fonts. Wie sehen etwa bei der von Ihnen
> bevorzugten Stempel Garamond längere Passagen in Kyrillisch mit
> TimesTenCyr-Upright, der langjährigen Type1-Empfehlung für Russisch im
> tustep-Handuch, aus? Sieht lateinisch-Garamond neben
> kyrillisch-Garamond dank der "Monotype Garamond" vor tustep besser
> aus? In Mai hieß es aber dazu, keine OpenType-Unterstützung sei im
> satz-Programm vorgesehen. Ich wollte nun abwarten, wie der
> Programmautor auf das berechtigte und mir, wohl uns allen, gut
> nachvollziehbare Anliegen von Oliver Gasperlin reagiert, bevor ich die
> unangenehme Frage erneut stelle.
>
> Mit besten Grüßen,
> Giorgio Giacomazzi
>
>
>
> Michael Trauth wrote:
>
>> Diskussionsforum Tustep-Liste
>> Weitere Informationen: www.itug.de
>> ------------------------------------------------------------
>>
>>
>> Lieber Herr Derkits,
>>
>> danke fuer den wichtigen Hinweis:
>>
>>
>>> bleibt noch der - inzwischen auch schon betagte - Hinweis,
>>> dass die meisten der gewöhnlich mit '%' kombinierten Zeichen
>>> in Unicode-Fonts fertig vorhanden sind. Doch kann das Satz-
>>> programm mit Unicode-Fonts nicht umgehen, und die einst
>>> wirklich fortschrittliche, inzwischen eher mühsame Lösung
>>> der Zeichenkombination selbst erscheint nun als Bastelei.
>>
>>
>> Mein bisheriger Kenntnisstand war lediglich, dass zwar der
>> der Adress*raum* fuer viele wichtige Sonderzeichen in Unicode
>> vorgesehen ist, dass aber besagte Zeichen selbst in den bis
>> dato zur Verfuegung stehenden Unicode-Schriften *nicht* reali-
>> siert sind. In einigen (wenigen) Schriften sind etliche wich-
>> tige Sonderzeichen enthalten - aber diejenigen, die ich bis-
>> her gesehen habe, waren zum einen aus typographischer Sicht
>> zum Gotterbarm, will sagen: unbrauchbar, und zum anderen von
>> der fuer mich noetigen Vollstaendigkeit meilenweit entfernt.
>> Hinzu kommt, dass man als Satzhersteller *bestimmte* pro-
>> fessionelle Schriften - etablierte, gute Buchschriften -
>> vorgeschrieben bekommt, egal ob Stempel Garamond, Monotype
>> Garamond, Linotype Garamond3, Berthold Garamond, Monotype
>> Times, Linotype TimesTen, Bembo, Trinite, Berkeley OldStyle,
>> Baskerville, Frutiger und wie sie alle heissen, die fuer
>> sich allein eine gute Typographie zwar nicht *garantieren*,
>> aber eine zentrale Voraussetzung fuer diese sind. Und
>> *diese* Schriften wiederum sind nach meinem bisherigen
>> Kenntnisstand *alle* ohne Ausnahme Type-1-Schriften - und
>> Type-1-Schriften wiederum sind per definitionem *alle*
>> ohne Ausnahme 1-Byte-Schriften (mit 256 Zeichenadressen),
>> also *keine* Unicode-Fonts.
>>
>> Mit einem Wort: Ich waere Ihnen deshalb wirklich *sehr*
>> verbunden, wenn Sie mir mitteilen koennten, wo ich besagte
>> Profischriften als halbwegs komplette Unicode-Fonts (die
>> Klingonen-Schrift, die Schriftzeichen der Rongo-Rongo-
>> Taefelchen, auch Japanisch und Chinesisch duerfen von
>> meinem point de vue aus gerne fehlen ;o)) beziehen kann.
>>
>>
>>> ...
>>> Ich habe mich oft gefragt, warum ein Satzprogramm, das
>>> einmal angetreten ist mit dem Anspruch, fast alle Son-
>>> derzeichenprobleme zu lösen, Unicode-Fonts einfach
>>> ignoriert, obwohl sie in diesem Bereich fast der Stein
>>> der Weisen sind...
>>
>>
>> Nun, ich bin ueberzeugt, dass der Grund fuer den Programm-
>> autor der ist, den ich oben skizziert habe: die Unkenntnis,
>> dass es besagte gute Buchschriften bereits als Unicode-Fonts
>> gibt. Ohne dem Programmautor vorgreifen zu wollen: Wenn Sie
>> zeigen koennen, wie sich das Defizit beheben laesst, wird
>> wird Herr Ott sich entsprechenden Erweiterungswuenschen
>> bestimmt nicht verschliessen.
>>
>> Viele Gruesse reihum von
>>
>> Michael Trauth
>>
>>
>> ---------------------------------------------------------------
>> Dr. Michael Trauth e-mail: trauth at uni-trier.de
>> Rechenzentrum office: Tel. 0651-201-3413
>> der Universitaet Fax 0651-201-3921
>> Universitaetsring secretary: Tel. 0651-201-3417
>> D-54286 Trier
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