[Tustep-Liste] Rechtliches und satz
Giorgio Giacomazzi
giorgio at giacomazzi.de
Mi Jul 7 12:06:31 CEST 2004
Liebe ListenteilnehmerInnen,
im Thread "Quo vadis?" sind jetzt mehrere Themen diskutiert worden. Das
meiste ist zwar offen, aber einiges hat sich getan.
Das Dateiformat von TUSTEP ist nun so dokumentiert, dass es für externe
Programme möglich wird, TUSTEP-Dateien zu lesen und zu schreiben. Das
Parsen und somit die korrekte Bearbeitung von XML-Dateien im Editor soll
demnächst stark vereinfacht werden. Die Open-Source-Lösung, über die
zuletzt gerätselt wurde, ist nun auf der Homepage der ITUG
veröffentlicht worden (Allgemeine Infos, Konsortialvertrag). Dies ist
ein wichtiger Beitrag zur Transparenz.
Ich sehe aber noch zwei wichtige Themen, die bisher zu kurz gekommen sind:
1) das Satzprogramm
2) die Rechte, die festlegen, was überhaupt möglich ist.
Der "Konsortialvertrag" gibt nun Anlass beides anzusprechen. Anlass auch
deshalb, weil trotz restritikvem Duktus der Vertrieb von TUSTEP-Plug-Ins
aufgrund offener Schnittstellen gar nicht vorkommt. Der Vertrag soll vor
der Unterzeichnung in Blaubeuren diskutiert worden sein, bisher aber
nicht im Wortlaut vorgelegen haben.
Lizenzen
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Ich möchte die Tatsachen ergänzen durch meine Erfahrungen bei der
Bestellung einer kommerziellen TUSTEP-Lizenz Anfang dieses Jahres.
Anscheinend hatte es zuvor nach Inkrafttreten des Vertrags keine solche
Bestellung mehr gegeben.
Nachdem, wie berichtet, das Tauschgeschäft 'XML-Konverter gegen Lizenz'
abgelehnt worden war, habe ich die fragliche Lizenz beim ZDV der Uni
Tübingen, der damals hierfür angegebenen Adresse, bestellt. Zu meiner
Überraschung kam eine Rechnung von der Firma pagina, und zwar mit
erhöhtem Betrag. Auf Nachfrage hin wurden nur Details auf der
TUSTEP-Homepage geändert: Die Mehrwertsteuer ist nun ausgewiesen und die
Kontaktadresse wie folgt präzisiert.
"Der Vertrieb von privaten und kommerziellen Lizenzen und Updates
erfolgt nicht über das ZDV. Für private und kommerzielle Lizenzen und
Updates wenden Sie sich bitte an
Prof. Dr. Wilhelm Ott
Herrenberger Straße 51
D-72070 Tübingen
Fax: +49-7071-987622
e-mail: ott at tustep.de
oder an einen der TUSTEP-Vertriebspartner"
(http://www.uni-tuebingen.de/zdv/tustep/tustep-lic.html):
(1) Diese Adresse ist identisch mit der Adresse der Firma pagina. (2)
Unter den "TUSTEP-Vertriebspartnern", an die man sich wenden könne, wird
doch keiner angegeben, sondern es wird wieder an die Kontaktadresse
verwiesen, sogar mit dem Zusatz, "Weitere Vertriebspartner sind
willkommen!". (http://www.uni-tuebingen.de/zdv/tustep/vertrieb.html)
Dass hier eine außeruniversitäre Adresse genannt wird, entspricht im
Grunde den Tatsachen. Warum wird überhaupt am Schein der freien Wahl des
Anbieters festgehalten?
Wegen der Unklarheiten bezüglich dieser Rahmenbedingungen und der
Zukunft von TUSTEP schickte ich das Paket zurück und informierte den
ITUG-Vorstand. Dabei regte ich an, dass die Universität oder die ITUG
private und kommerzielle Lizenzen zur Finanzierung von TUSTEP anbieten
könnte.
Nach gut drei Monaten sehe ich leider noch keine Änderung bei den
Lizenzbedingungen. Der Konsortialvertrag verstärkt eher den Eindruck,
dass es keine klare Abgrenzung zwischen einer Universitätsabteilung und
einer Privatfirma gibt. Der Interessenkonflikt erklärt, warum ein guter
Ersatz für den alten XML-Konverter ungeprüft abgelehnt wurde.
Open Source und Satzprogramm
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Die Open-Source-Lösung im Konsortialvertrag (5.1) besagt nun, dass das
Satzprogramm von ihr faktisch ausgenommen ist und die restlichen
Teilprogramme auch erst 2007 offengelegt zu werden brauchen.
Abgesehen von den Fristen und der rechtlichen Konstruktion halte ich die
Trennung des Satzprogramms von TUSTEP für fatal. Wie jeder weiß, der
sich intensiver damit beschäftigt hat, stößt das Satzprogramm schon
länger an Grenzen. Selbst kleine Features, die seit Jahren zugesagt
worden sind, sind noch nicht implementiert (Beispiel: abschnittsweise
Zeilennummerierung); weitere wären erforderlich (Beispiel: besserer
Tabellensatz). Der Quellcode des Satzprogramms sollte so dokumentiert
werden, dass Erweiterungen durch Dritte möglich werden. Oder sollte ein
neues geschrieben werden?
Befürchtungen, Open Source würde die Bemühungen um die
Weiterfinanzierung von TUSTEP sinnlos machen, sind nicht berechtigt.
Open Source stellt keine Alternative zu einer soliden Finanzierung dar,
sondern es ist die produktivste Art eine Finanzierung zu nutzen.
Allerdings setzt dies voraus, dass der Code in einem wartbaren Zustand
vorliegt oder in diesen Zustand gebracht wird. Dann würde das
Satzprogramm mit am meisten von Open Source profitieren.
Herzliche Grüße,
Giorgio Giacomazzi
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