[Tustep-Liste] Quo vadis? - Die Burg wird zurecht verteidigt
Thomas Meyer
thomhilmeyer at gmx.de
Mo Jun 21 17:55:31 CEST 2004
Sehr verehrte Damen und Herren,
ohne als Moderator auftreten zu wollen, wird es doch gut sein, auf einer
grundlegende Unterscheidung zu bestehen:
Es geht in der Diskussion um
(1.) rechtliche Fragen,
(2.) technische Probleme.
(ad 1.) Der Forderung nach einer vollständigen Freigabe von Tustep ist ohne
Einschränkung zuzustimmen. Was aus öffentlichen Geldern finanziert wird, muß
auch von der Öffentlichkeit genutzt werden können. Ohne Wenn und Aber.
(ad 2.) Die Einbindung einer sog. Skriptsprache in Tustep halte ich für
abwegig und sinnlos. Es müsste eine Entscheidung getroffen werden zwischen
Python, Ruby, Perl (was mir das Liebste wäre) und anderem. Wenn man dabei
ist: Sollte man nicht gleich eine Datenbank einbauen (MySQL)? Braucht man
dann nicht auch PHP? Und ein Grafikprogramm - nehmen wir doch Gimp und bauen
es ein! - Wer so argumentiert, scheint die Differenz zwischen dem Anspruch
einer Linux-Distribution und Tustep zu übersehen: erstere erhebt den Anspruch
auf relative Vollständigkeit, während letzteres einen spezifischen
Aufgabenbereich abdecken will. Neben Tustep wird es immer gut sein, auf
seinem Computer außer Windows 95 noch andere Programme zu installieren...
(Braucht Tustep nicht vielleicht auch einen eigenen Webbrowser und
Email-client?)
Die Kritik am vielgescholtenen Dateiformat von Tustep zeugt nicht eben von
tiefgreifenden EDV-Erfahrungen: XML an sich ist für die Haltung großer
Datenmengen, wie Herr Dr. Trauth zurecht festgehalten hat, ganz ungeeignet,
weshalb (offene!) Datenbanksysteme wie SQL ausnahmslos auf indexsequentielle
Datentypen (ähnlich wie bei Tustep) bauen.
Zur Frage der Integration von Tustep und anderen Anwendugen: Darauf, daß
beliebige Anwendugen zur Arbeit in Tustep aufgerufen werden können, ohne es
zu verlassen, wurde bereits hingewiesen. Interessanter scheint der umgekehrte
Fall: Ein gegebenes Projekt setze Werkzeuge außerhalb Tustep ein; nehmen wir
an, etwa der Editor Emacs sei Hauptwerkzeug. Es ist ein leichtes, aus ihm
(wie aus jedem anständigen Editor), Systemkommandos zu verschicken. Was
spricht gegen folgendes Verfahren zur Satzherstellung mit Tustep:
a) Der Benutzer wählt den Menüpunkt "Setzen mit Tustep" :-)
b) Das Tool schreibt den aktuellen Dateinamen in eine Systemvariable und
c) sendet den Befehl "tustep 999"
d) Die Datei TUSTEP.INI weist Tustep an, die Systemvariable auszulesen, die so
bekannte Datei nach "Tustep" umzuwandeln, mit #kop zu bearbeiten, mit #satz
zu setzen, mit #*psaus auszugeben und schließlich die Sitzung wieder zu
beenden.
Dies setzt beim Benutzer der Applikation keinerlei Tustep-Kenntnisse voraus,
sondern verlangt lediglich vom Programmierer etwas Phantasie.
Jedenfalls sollte Tustep von einer Festlegung auf eine spezielle
Skriptsprache, die zufällig das Steckenpferd eines einzelnen ist,
freigehalten werden - und statt dessen offengehalten für die Fülle von
Möglichkeiten, die das bisherige offene System bietet. Ganz abgesehen davon,
daß die Verwendung von der GPL unterstehenden Programmen (wie Perl und
Python) unter der derzeitigen restriktiven Tustep-Lizenz ein Rechtsbruch
wäre.
Herzliche Grüße aus Tübingen, Ihr
thomas meyer
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