[Tustep-Liste] #Satz und #Formatiere

Dietmar Töpfer dt at rhetpublica.de
Fr Feb 4 18:11:19 CET 2005


Sehr geehrter Herr Trauth,

herzlichen Dank für Ihren Denkanstoß. Ihre Frage, warum TUSTEP trotz seiner extrem hohen Leistungsfähigkeit nicht weiter verbreitet ist, möchte ich aus meiner Sicht beantworten. Den unbestrittenen Vorteilen, die TUSTEP bietet, steht doch ein erheblicher Nachteil gegenüber: TUSTEP ist und bleibt eine Insellösung und zwar in mehrfacher Hinsicht.
1. Man merkt dem Programm dessen universitäte Herkunft an, die bestens geeignet ist, Lösungen für wissenschaftliche Problemstellungen zu entwickeln. Für "profanere" Aufgaben, z.B. Einbinden von Grafiken und Tabellen, Schattierungen, Einfügen von Passerkreuzen etc. ist der Aufwand in TUSTEP seiner anfänglichen Überlegenheit zum Trotz m.E. mittlerweile zu hoch. 
2. Mit TUSTEP zu arbeiten bedeutet nicht nur eine erhebliche Einarbeitungszeit, sondern auch die dauernde Notwendigkeit der Übung, das Memorieren hoch abstakter Zeichenfolgen etc. Dies ist sicherlich Ihr Beweggrund, für die Aufwertung des weniger aufwändigen #Formatiere-Moduls zu plädieren. Aber es löst nicht das Grundproblem, dass TUSTEP sich von den standardisierten, zwar nicht immer intuitiven, aber mittlerweile trotzdem hilfreichen Benutzeroberflächen (What you see is what you nearly get) anderer Software-Anbieter so stark unterscheidet, dass der Aufruf von TUSTEP nun schon auch mich, der ich in Tübingen die TUSTEP-Kurse besucht und jahrelang damit gearbeitet habe, gelegentlich abschreckt. Wie muss es da erst einem TUSTEP-Einsteiger gehen?
3. Auch wenn ich mich hier in der ITUG im Kreis einer Minderheit, die diese Tatsache bedauert, sehr wohl fühle: Die Welt spricht "Word". Jede Kommunikation mit der Außenwelt aus TUSTEP heraus und zurück ist mit einer Übersetzungsleistung, sprich: Konvertierungsprozessen verbunden, die angesichts der steigenden Leistungsfähigkeit auch von Microsoft-Produkten immer fehleranfälliger werden bzw. wirklich hilfreiche Kodierungen nicht oder nur mit Aufwand übernehmen und vor allem Zeit kosten. In meinem Kontakten mit Verlagsherstellern und Setzereien schält sich immer deutlicher heraus, dass den Workflow verkomplizierende Fakten nicht nur zu Vorbehalten gegenüber TUSTEP, sondern sogar zum Abschied von bestimmten Programmen, mittlerweile auch von "Pagemaker", ja sogar von "QuarkXPress" führen.
4. TUSTEP ist außerhalb der Universität keineswegs preisgünstig. Meine kommerzielle Lizenz erwarb ich 1998 zum Preis von 2500 DM (den heutigen Preis kenne ich nicht), die ich seither für 100 DM bzw. neuerdings 150 Euro regelmäßig update. Zum TUSTEP-Preis von 1998 bekomme ich noch heute die neueste Version von Adobe InDesign. Der Support durch die ITUG ist natürlich wesentlich kompetenter und persönlicher als bei Adobe; dafür beanspruche ich aber die Privat- bzw. Dienstzeit hilfsbereiter Menschen. Also auch hier ein recht luxuriöser "Inselaufenthalt".

Vielleicht hängt es mit meiner Existenz als Selbstständiger, meinem zunehmenden zeitlichen Abstand zum akademischen Umfeld und vielleicht auch einer, aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben, die ich mittlerweile zu bewältigen habe, generell abnehmenden Flexibilität insgesamt zusammen, dass ich diese Übersetzungsleistung bei Standard-Aufgaben nicht mehr erbringen möchte, die Reaktivierung vergessener, weil längere Zeit nicht mehr benutzter Spezialcodierungen manchmal nicht mehr als Denksportaufgabe, sondern als lästig betrachte und TUSTEP nur noch für sehr spezielle Problemstellungen innerhalb eines Projekts einsetze, dann aber mit dem größten Vergnügen. In diesem Sinn beantworte ich, lieber Herr Trauth, Ihr Posting mit einem klaren Nein und plädiere stattdessen für Aktivitäten, welche die (v.a. auch kommerzielle) Verbreitung von TUSTEP fördern und sein Inseldasein verringern.

Wie wäre es bspw. mit der Schaffung von Standard-Schnittstellen? Wenn sich Word-Dokumente direkt in TUSTEP öffnen und als RTF abspeichern ließen, während alle Routinen im Hintergrund ablaufen, oder wenn sich aus dem Satzprogramm ein Ausgabeformat schreiben ließe, das sich direkt in QuarkXPress oder InDesign wenigstens eingeschränkt weiterbearbeiten lässt? TUSTEP lieferte sein unerreichtes Textlayout, das ich in die Musterseiten eines Layoutprogramms einfließen ließe; die Grafiken etc. setzte ich noch schnell ein, statt sie in TUSTEP zeitaufwändig zu skalieren, zu drehen, zu beschneiden und händisch einzumessen? Die Diskussion um eine zeitgemäße Benutzeroberfläche wurde sicherlich schon geführt. Das Dikussionsergebnis ist mir nicht bekannt, weil ich noch nicht so lange in der ITUG bin. Leider sind meine Möglichkeiten, den Aufwand für solche Programm-Modifikationen einzuschätzen und einen persönlichen Beitrag dazu zu leisten, aufgrund mangelnder Programmierkenntnisse zu gering. Als kommerzieller Lizenznehmer bin ich persönlich aber gerne bereit, für die TUSTEP-Updates einen spürbar höheren Beitrag, also 250-300 Euro (so viel kostet ein Update von InDesign), zu bezahlen, wenn er dazu verwendet wird, die Grundkompatibilität von TUSTEP mit der übrigen Software-Welt wieder zu erhöhen.

Freundliche Grüße und ein schönes Wochenende
Ihr
Dietmar Töpfer

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